Schimmel in Häusern der 1970er Jahre – Nutzerverhalten
Schimmel in Häusern der 1970er Jahre – Nutzerverhalten
Bewertung Nutzerverhalten
Gutachten
Pasing-Obermenzing
Bei Gebäuden aus den 1970er Jahren sind häufig unzulässige Wärmebrücken vorhanden. Diese können bereits bei üblichem Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner Schimmelpilzbildung zur Folge haben. Wird das Nutzerverhalten bei diesen Gebäuden nicht ausreichend optimiert, ist der Schaden vorprogrammiert. In Fall einer Mietwohnung mit intensiver Schimmelpilzbildung sollte begutachtet werden, ob der Schimmelbefall auf das entsprechende Nutzerverhalten zurückzuführen ist.
Aufgabenstellung
Für die Erstellung eines Gerichtgutachtens war die Fragestellung zu untersuchen, ob die in einer Mietwohnung (Baujahr 1978) vorhandene intensive Schimmelpilzbildung auf unzureichendes Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter bzw. eine unzweckmäßige Möblierung, also auf das Nutzerverhalten und nicht auf die Bausubstanz, zurückzuführen war.
Da das Gutachten erst nach Auszug der Mieter in Auftrag gegeben worden war, konnte nur noch untersucht werden, ob in der streitgegenständlichen Mietwohnung, bei einem üblichen Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner sowie einer zweckmäßigen Möblierung, das Auftreten von Schimmelpilzwachstum ausgeschlossen werden kann oder nicht. Schimmelpilzwachstum kann im Allgemeinen dann ausgeschlossen werden, wenn die Gebäudehülle die Mindestanforderungen an den baulichen Wärmeschutz gemäß der heutigen DIN 4108 zum Wärmeschutz erfüllt. Wenn in Wohnräumen hingegen unzulässige Wärmebrücken vorhanden sind, kann auch bei üblichem Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter Schimmelpilzbildung nicht sicher ausgeschlossen werden.
Feststellungen
Die streitgegenständlichen Außenbauteile (Wände, Decken, Fensterlaibungen etc.) wurden vorab mittels Infrarot-Thermographie untersucht. Im Schlaf- und Wohnzimmer war an zahlreichen Wandoberflächen großflächige Schimmelpilzbildung vorhanden. Im Bereich der Gebäudeaußenecken war praktisch über die gesamte Raumhöhe, insbesondere aber in den oberen Raumecken intensives Schimmelpilzwachstum auf den Wandoberflächen vorhanden. Starke Schimmelpilzbildung war auch an Laibungen von Fenstern und Lichtkuppeln vorhanden. In diesen Bereichen waren auf den Wandoberflächen ausgeprägte Kaltstellen (thermische Schwachstellen) vorhanden. An Wandflächen, welche in der Vergangenheit durch Möbel mit geschlossenen Rückwänden verstellt gewesen waren, trat ebenfalls starke Schimmelpilzbildung auf, obwohl hier die Wandoberflächen bei unbehindertem Kontakt zur beheizten Raumluft als nicht besonders kalt zu bewerten waren.
Nach Angabe der Vermieter sei in der Vergangenheit Schimmelpilzbildung auch auf den dauerelastischen Fugen der Isolierverglasung der Fenster (original aus dem Baujahr) aufgetreten. Zum Zeitpunkt des Ortstermins waren die Fenster jedoch bereits saniert, so dass hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen werden konnten.
Beurteilung Nutzerverhalten
Für die Beurteilung des baulichen Wärmeschutzes wurden neben den heute gültigen Anforderungen auch die zur Bauzeit gültigen Anforderungen betrachtet. Das Haus war Ende der 1970er Jahre errichtet worden. Für den Wärmeschutz im Hochbau war zum Zeitpunkt der Errichtung die DIN 4108 in der Fassung von August 1969 gültig. Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der DIN 4108:1969-08 war in Fachkreisen jedoch bekannt und in der Literatur veröffentlicht worden, dass die Einhaltung des damaligen Mindestwärmeschutzes nach DIN 4108:1969-08 im Bereich von geometrischen Wärmebrücken (z.B. Raumecken) nicht ausreichend war.
Auf Grundlage dieser Betrachtungen kam der Gerichtsgutachter zu folgender Beurteilung: Im Bereich der streitgegenständlichen Gebäudeaußenecken, der Lichtkuppeln sowie der Fensteranschlüsse genügte der bauliche Wärmeschutz sowohl aus damaliger wie aus heutiger Sicht nicht, um bei üblichem Nutzerverhalten Schimmelpilzbildung sicher zu vermeiden.
An ehemals möblieren Außenwänden von Wohn- und Schlafzimmer war Schimmelpilzbildung an Wandoberflächen vorhanden, an welchen der bauliche Mindestwärmeschutz eingehalten war. Die Schimmelpilzbildung war hier mit hoher Wahrscheinlichkeit maßgebend auf eine in der Vergangenheit vorhandene unzweckmäßige Möblierung zurückzuführen.
Zusammenfassung
Die Schimmelpilzbildung war in dem streitgegenständlichen Fall einer Mietwohnung aus den späten 1970er Jahren vorwiegend auf unzulässige Wärmebrücken und nicht auf das Nutzerverhalten zurückzuführen. Das Schadensausmaß wurde jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit durch das unzweckmäßige Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter sowie eine stellenweise unzweckmäßige Möblierung verstärkt.